Heute sprach Sebastian Wippel im Plenum des Sächsischen Landtages zu „Sicherheit im Fußball“. Im folgenden ist die komplette Rede dokumentiert:
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete.
Nach der Anhörung zum Thema Sicherheit im Fußball haben wir nun den nächsten Berichtsantrag. Frei nach dem Motto: „Da war doch noch was.“
Wenn Sie allerdings vorhaben an dieser Stelle etwas zu verändern, dann machen Sie das doch und lassen sich nicht nur berichten.
Oder fällt Ihnen in der derzeitigen Lage nichts mehr ein, was in der Koalition konsensfähig wäre? Fußball ist immer gut. Es spielen viele, es gucken noch viel mehr und im Normalfall tut es keinem weh. Oder ist es so, dass Sie Zeit gewinnen wollen, um ja nichts vor den Haushaltsverhandlungen machen zu müssen? Bei dem Schwung, den Sie nehmen, kann es dann ja nur ein sehr weiter Sprung werden. Warten wir mal ab und sind gespannt.
Zum Antrag selbst: Ich kann vorweg nehmen, dass wir dem Ersuchen an die Staatsregierung zu berichten, zustimmen werden.
Zu römisch I wäre allerdings noch zu klären, um welchen Zeitraum es sich handelt? Meinen Sie seit 1990 oder seit der letzten Anhörung im Innenausschuss? Fragen Sie doch auch, woher die Kommunikationskräfte kommen sollen.
II 1. Es klingt sehr schön, dass Sie die ZIS kritisch auf Handlungsoptionen geprüft haben wollen. Aber was meinen Sie damit? Meinen Sie damit datenschutzrechtliche Belange der im ZIS erfassten Personen, oder meinen Sie damit eine Auswertung der Daten für polizeiliches Handeln? Das sollte doch bereits stattfinden, andernfalls wäre die ZIS durchaus verzichtbar.
II 3. Ich sehe kein Effizienzproblem. Denn im entsprechenden Umfang werden die Mittel anteilig bereitgestellt. Das Problem ist doch eher, dass es nicht gelingt die volle Förderung des DFB mitzunehmen, weil die Anteile des Freistaates und der Kommunen zu gering sind. Wenn es das ist, was Sie meinen, hätten sie besser beantragen sollen, dass die Förderung des Freistaates und der Kommunen den größtmöglichen Fördereffekt erwirken sollen.
Wichtig ist an dieser Stelle, dass der Anteil der Kommunen nicht zu gering ausfällt. Denn die Fanprojekte sind Maßnahmen der Jugendarbeit, und das ist zuerst eine kommunale Aufgabe. Kommunen ohne Fanprojekte erhalten nämlich vergleichbare Zuschüsse nicht. Insofern wäre eine überwiegende Finanzierung durch den Freistaat weder sachlich noch moralisch begründet.
Der Einsatz von DFB und DFL sollte ebenfalls verstärkt werden. Es sind die Fußballvereine, die auf der einen Seite wirtschaftlich in Erscheinung treten und Gelder in erheblicher Menge in Spieler investieren. Das Risiko, was durch die Massenansammlung von Menschen entsteht. Das Risiko, was durch Fanfeindschaften entsteht, soll dann aber größtenteils sozialisiert werden, das ist für Nichtfußballfans schlicht nicht nachvollziehbar und in diesem Umfang auch aus anderen Sportarten nicht bekannt.
4. Sie wollen noch mehr Fortbildung der Polizei in Deeskalations- und Kommunikationsstrategien. Den Punkt hat Ihnen sicher die SPD in den Antrag geschrieben.
Ich verstehe das so, dass Sie den Polizisten Grundkenntnisse in Sachen Fankultur zum besseren Verständnis vermitteln wollen. Das kann sicher nicht schaden, stellen doch Fußballeinsätze einen Schwerpunkt der Arbeit der Bereitschaftspolizei dar.
Die frühzeitige und offene Kommunikation seitens der Polizei bei der Fanbegleitung ist die beste Deeskalationsstrategie, die es gibt. Insbesondere bei der Fanbegleitung sollte das stärker eingesetzt werden. Die eine oder andere Auseinandersetzung wäre vermeidbar gewesen, wenn man kommunikativ die Fans erreicht hätte. Damit meine ich insbesondere den Einsatz von Lautsprechern, insbesondere wenn ein Aufzug kurzzeitig angehalten werden muss.
Andererseits setzen Kommunikation und Deeskalation auch voraus, dass beide Seiten ein echtes Interesse daran haben und dazu auch fähig sind. Wer sich mit Alkohol in einen vorübergehenden Zustand versetzt, der an eine Geisteskrankheit erinnert, wird klaren Gedankengängen oft nicht folgen können – oder wollen. Gruppendynamische Prozesse und so genannte Vermassungseffekte tun ihren weiteren Anteil daran, dass nicht immer die Rationalität siegt.
Der hier beantragte Punkt greift auch insoweit zu kurz, weil er die Fanprojekte selber aus der Verantwortung nimmt. Jedenfalls ist die Bedingung nicht klar formuliert. Im Ergebnis der Anhörung hätten Sie aber genau das tun sollen!
Wer staatliche Unterstützung seiner, zweifelsohne wichtigen Aufgabe, erhält, muss dafür sorgen, größtmögliches Verständnis für staatliches Handeln und Polizeiarbeit zu vermitteln.
Damit meine ich ganz deutlich folgende Inhalte:
- Die Anwesenheit der Polizei ergibt sich aus Erfahrungen der Vergangenheit und folgt einer Gefährdungsanalyse. Dazu zählen auch verhinderte Schlägereien. Oder zu Deutsch: Wenn nichts passiert wäre und keiner Streit suchte, wäre keine Polizei nötig.
- Polizeilichen Anweisungen ist im Interesse eines friedlichen Tagesverlaufes Folge zu leisten und sind nicht als Diskussionsgrundlage zu verstehen.
- Polizeiliches Handeln stellt grundsätzlich keine Provokation dar und folgt klaren Zielen. Die reine Anwesenheit ist gleich gar keine Provokation.
- Die Polizei entscheidet unter dem Aspekt der Eigensicherung, wann sie ihren Helm aufsetzt. Dabei muss es nicht erst zu Verletzungen oder beinahe Verletzungen der Beamten kommen.
- „Deeskalationsangebote und Kommunikation“ heißen, dass vor möglichst jedem staatlichen Handeln das Wort steht. Wenn Reden nicht zum Ziel führt, wird und muss Polizei auch zukünftig konsequent handeln.
Zum Ende noch ein paar Dinge, die mir wichtig erscheinen sie zu betonen: Wer immer eine Armlänge Abstand hält, wer sich von Provokateuren fern hält, wer sich um sich selber kümmert und die Anwesenheit der Polizei toleriert, wird sehr wahrscheinlich wie 99% der friedlichen Fans ohne intensiveren Polizeikontakt nach Hause kommen.
Wichtig in alle Richtungen, ein freundliches Wort und gegenseitiges Verständnis, denn dies hat schon immer viel zur Entspannung beigetragen. Vielen Dank.