Laut Sächsischer Zeitung von heute äußerte sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich „besorgt“, betroffen und vielleicht auch ein Stück weit traurig über die Gewaltbereitschaft der Sachsen. Bei der Eröffnung der ersten Jahreskonferenz des Demokratie-Zentrums soll er in Bezug auf die Ergebnisse des „Sachsen-Monitors“ gesagt haben, es sei inakzeptabel, „dass neun Prozent der Befragten bereit seien, zur Umsetzung politischer Ziele Gewalt anzuwenden“. Schließlich wären dies „360.000 Menschen“. Dazu erklärt der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Sebastian Wippel:
„Tillich schürt hier populistisch Ängste vor etwas, was es gar nicht gibt. Die Sachsen sind kein gewalttätiges Völkchen, wie ein Blick in die Kriminalstatistik sofort zeigt. Es ist eines Ministerpräsidenten unwürdig, die eigenen Bürger so zu beschimpfen, sie zu verdächtigen und damit dem bundesweit beliebten Sachsen-Bashing neues Futter zu geben.
Nun schauen wir uns aber mal den Sachsen-Monitor, die tatsächlichen Gewaltstraftaten und Tillichs Aussage etwas genauer an: Zunächst sind die 360.000 gewalttätigen Sachsen schon deshalb Unfug, weil hier Babys und Rentner mitgezählt wurden. Kleine Kinder mögen tatsächlich hin und wieder zu aggressiven Wutausbrüchen neigen, aber unter politischer Gewalt kann dies nicht subsumiert werden. Der Polizeilichen Kriminalstatistik lässt sich weiterhin entnehmen, dass in den vergangenen fünf Jahren jeweils zwischen 6.000 und 7.000 Gewaltdelikte begangen wurden. Es würde folglich über 51 Jahre dauern, bis jeder der 360.000 gewalttätigen Sachsen einmal zugeschlagen hätte (Mehrfachtäter bleiben hier einmal unberücksichtigt).
Tillich hat hier, ohne den Aussagegehalt der Umfrage zu hinterfragen, allergrößten Blödsinn übernommen. Aber jetzt kommt´s: Er war noch nicht einmal in der Lage dazu, richtig zu lesen. In der Umfrage stimmten drei Prozent dem Satz voll zu, notfalls habe man das Recht, seine politischen Überzeugungen mit Gewalt durchzusetzen. Drei weitere Prozent (also insgesamt sechs und nicht neun Prozent) stimmten der Aussage teilweise zu.
Notfalls könnte in diesem Zusammenhang z.B. bedeuten, dass es als legitim erachtet wird, einen Tyrannen zu stürzen, wofür es auch eine Hintertür im Grundgesetz gibt. Stauffenberg hätte der Aussage auch zustimmen müssen. Schließlich versuchte er Hitler gewaltsam mit einem Attentat umzubringen, da es 1944 keine andere Möglichkeit gab, die Ehre Deutschlands wiederherzustellen.
Als Ministerpräsident sollte Tillich übrigens wissen, dass wir in einer wehrhaften Demokratie leben, in der die politischen Überzeugungen des Staates notfalls mit Gewalt durchgesetzt werden. Mit der einfachen Gleichung „Gewalt = böse“ kann man vielleicht im Gemeinschaftskundeunterricht der Klassenstufe 9 punkten. Ein Ministerpräsident dagegen sollte fähig dazu sein, etwas differenzierter zu denken und sich entsprechend auszudrücken.
Was bleibt, ist ein erneuter, völlig unnötiger Imageschaden, den Tillich als Elefant im Porzellanladen angestellt hat. So geht sächsisch nicht! Die AfD wird sich natürlich dennoch weiter für eine Verbesserung der Inneren Sicherheit im Freistaat Sachsen einsetzen. Obwohl kein Grund besteht, den Teufel an die Wand zu malen, müssen wir alles dafür tun, um eine Verrohung unserer Gesellschaft zu vermeiden. Mit Hysterie wird dies nicht gelingen. Dafür aber mit der nüchternen, klaren und korrekten Benennung der Probleme, die zu dem großen Unmut in Sachsen geführt haben!“
Bild: strassenstriche.net, flickr, CC (Leipzig, 12.12.15)